EBSILON®Professional Online Dokumentation
In diesem Thema
    Datenvalidierung
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    Datenvalidierung


    Ein sachgemässer und wirtschaftlich optimaler Betrieb von Kraftwerken erfordert zuverlässige Messwerte. Systematische und stochastische Messabweichungen stellen die Prozessanalytik vor die schwierige Aufgabe, schlüssige Massen- und Energiebilanzen sowohl über die einzelnen Komponenten als auch über die Gesamtanlage zu erstellen. Veränderungen an Messstellen und an verfahrenstechnischen Aggregaten zu orten, um gezielte Wartungsmaßnahmen einleiten zu können, ist durch den Einsatz statistischer Methoden möglich. Die Bestimmung eines konsistenten Datensatzes für einen stationären Betriebspunkt, bestehend aus Druck, spezifischer Enthalpie und Durchsatz für alle Leitungen sowie ausgewählten Komponentenparametern durch methodische Auswertung vorgegebener Messwerte wird als Datenvalidierung bezeichnet, wobei in EBSILON gegenüber der Richtlinie VDI 2048 Blatt  1 (Messunsicherheiten bei Abnahmemessungen an energie- und kraftwerkstechnischen Anlagen, 2000, Beuth-Verlag) die Einschränkung vorliegt, dass nur die im Programmsystem vorgesehenen Spezifikationswerte (Messwerte und Komponentendaten) validiert werden können. Messgrößen, für die kein Messwerttyp in EBSILON vorgesehen ist, die aber in das zu erfüllende Gleichungssystem (Nebenbedingungen gemäß Abschnitt 5.2 der VDI-Richtlinie Blatt 1) eingehen, werden verfremdend auf einen beliebigen vorhandenen Messwerttyp abgesetzt. Die korrekte Verwendung wird dabei durch einen indizierten Zugriff in der Nebenbedingung gewährleistet.

    Die Datenvalidierung liefert, auf der Basis der Minimierung der Abweichungen von gemessenen bzw. vorgegebenen Werten von ihren Schätzwerten, für die wahren Werte in einem  überbestimmten System den wahrscheinlichsten Prozesszustand, beschrieben durch einen Satz validierter Werte, deren Differenz zu den Eingangswerten die wahrscheinlichen Abweichungen darstellen.

    Wenn die Messdaten eines Kraftwerks validiert werden sollen, kommt als weitere Erschwernis hinzu, dass das Anlagenmodell nichtlineare Gleichungen enthält. Die Aufgabenstellung kann daher nur iterativ gelöst werden, in Ebsilon mit einer speziellen Newton-Iteration , was vom Standpunkt der Fehlerrechnung dann zulässig ist, wenn die partiellen Ableitungen der Größen in deren Änderungsbereich als konstant betrachtet werden können (siehe Abschnitt 4.4.1 der VDI-Richtlinie Blatt 1, wo die Voraussetzung für die Linearisierbarkeit dargestellt ist). Diese numerische Methode wird in EBSILON®Professional ebenfalls im Simulationsmodus (Lösung des bestimmten Gleichungssystems) eingesetzt.

    Außerdem wird in beiden Berechnungsarten dieselbe Bauteilphysik (einschließlich chemischer Prozesse, die die Fluidzusammensetzung beeinflussen) verwendet, sodass im redundanzfreien Fall (keine überzähligen Messwerte) die Lösungen übereinstimmen, d.h. die Validierungslösung geht dann in die Simulationslösung über.

    Standardmäßig werden in EBSILON die Massenströme, Drücke und spezifischen Enthalpien auf allen Leitungen als Variablen verwendet, was für die Berechnung von Wasser-/Dampf-Kreisläufen ausreichend ist. Ebsilon ermöglicht jedoch die Abbildung von Rauchgasweg und Verbrennungsprozessen. In diesem Fall können der Heizwert und die Stoffanteile (chemische Zusammensetzung) auf allen Leitungen als zusätzliche Variable in die Rechnung einbezogen werden. Stehen beispielsweise im Rahmen einer Abnahmemessung Brennstoff-, Rauchgas-, Aschen- und Schlackenanalysen mit ihren Konfidenzintervallen zur Verfügung, können diese in vollem Umfang mit in die Rechnung einbezogen werden.

    Wegen der Identität von Nebenbedingungen und Simulationsgleichungen können mit diesem System, ausgehend von validierten Daten, konsistente Vergleichsrechnungen (What-if-Rechnungen) im Simulationsmodus zur Optimierung erfolgen. Außerdem können spezielle Kenngrößen (z. B. Stromverlustkennziffer, KWK-Stromanteil) belastbar nur durch Vergleich des aktuellen validierten Prozesszustands mit einer vergleichenden Simulationslösung ermittelt werden. Dies setzt also die Systemkonsistenz als notwendig voraus.

    Um Daten auch in Teillast validieren zu können, ist eine adäquate Modellierung der Bauteilphysik erforderlich. EBSILON®Professional verwendet mehrdimensionale Kennflächen, um das Teillastverhalten von Wärmetauschern, Kondensatoren und Turbinen abzubilden (Identifikation beispielsweise mit EposNeuro). Die Kennflächenunsicherheit geht in das Konfidenzintervall für den Spezifikationswert ein, der validiert werden kann. Die hohe Modellgenauigkeit ist erforderlich, da sonst die Differenz zwischen Messwert und validiertem Wert einen beträchtlichen Modellfehler enthalten kann. Eine Beschränkung der Bauteilphysik auf Massen- und Energiebilanzen, verzichtet auf die kraftwerksspezifische, bekannte Physik (strenge Gesetze oder Näherungsformeln mit validierungsfähigem Schätzwert) und vermindert damit die Gleichungsredundanz.

    In EBSILON®Professional wird eine validierte Gesamtlösung (Druck, Durchsatz, spezifische Enthalpie für alle Leitungen) berechnet, wobei alle bauteilspezifischen Gleichungen eingehalten werden. Die aus der Messwertredundanz resultierenden Unstimmigkeiten ergeben sich bei minimaler Fehlerquadratsumme jeweils als Differenzen zwischen den Messwerten und validierten Werten. Unter Beachtung des Fehlerfortpflanzungsgesetzes gemäß VDI 2048 Blatt1 Abschnitt 4.4 können auch erwartungstreue Schätzwerte für die Abweichungen der validierten Werte errechnet werden.

    Im folgenden Kapitel werden die Möglichkeiten zur Validation in EBSILON®Professional beschrieben.